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„Achso, sie haben Multiple Sklerose!“ sagte mir ein junger Assistenzarzt zwischen Tür und Angel, als ich im Sommer 2012 mit einem schmerzenden Auge, aus dem ich nichts mehr wirklich erkennen konnte, auf der neurologischen Station gelandet war. Ungläubig stand ich da und obwohl ich Krankenschwester bin, hatte ich nichts verstanden. Was bedeutet das? Was passiert jetzt? Was muss ich machen?

Durch die MS-Diagnose ist meine innere Welt in 1000 Einzelteile zerbrochen. 

Mein Sohn war gerade 1 Jahr alt geworden, ich steckte mitten in der Trennung von seinem Vater und es passte kein Stein mehr auf den anderen zu dieser Zeit. Und nun auch noch das… Irgendwie konnte ich mir in dieser Situation keine Schwäche eingestehen und mobilisierte alle Kräfte die ich nur irgendwo in mir finden konnte. Da war schließlich dieser kleine Mensch, für den ich fortan die alleinige Verantwortung tragen musste – und zwar immer und ohne Pause.

Ich wollte diese Krankheit nicht haben, nicht eingeschränkt werden und ich hatte überhaupt keine Lust darauf, dass mein Leben noch weniger nach Plan verläuft, als es das zu der Zeit eh schon tat. Meine Symptome durch die Sehnerventzündung, etwaige Missempfindungen und Schmerzen die sich überall in meinem Körper verteilt hatten, versuchte ich zu ignorieren. Kurz: Ich habe weitergemacht als wäre nix.

Achterbahnfahrt mit MS: Schub, Kortison, Schub, Kortison…

In den folgenden Jahren war das meine Strategie, mit der Diagnose umzugehen und ein Leben trotz MS zu führen. Mentale Gesundheit!? „Wo ich nicht hinschaue, ist auch kein Problem“ war mein Motto. Rückblickend würde ich das Thema mentale Gesundheit von Anfang an mehr in den Fokus nehmen, denn mit den Jahren habe ich gemerkt, dass meine mentale Verfassung nicht unerheblichen Einfluss auf meinen MS Verlauf nimmt. Konntest Du bei dir auch schon feststellen, dass deine Symptome sich verschlimmern, wenn du traurig oder wütend bist?

Mein Weg zu einem guten Umgang mit mir selbst war, sagen wir… holprig. Heute, 11 Jahre später und um einige Erfahrungen reicher, möchte ich Dir meine Strategien zur Selbsthilfe verraten und bei welchen Stellen ich nach Hilfe gesucht habe, als Selbsthilfe nicht mehr ausgereicht hat. Ich wünsche Dir, dass Du daraus etwas für Dich mitnehmen kannst und den Steinen in deinem Weg besser ausweichen kannst.

Lisas Tipps, um Deine mentale Gesundheit zu stärken

  1. Selbstfürsorge und sanft zu mir selbst sein: Mein wichtigstes Learning hierzu war, dass ich nicht schuld bin. Weder an der Diagnose, noch dass sie mir Angst macht. (Ja, das tut sie auch heute noch hin und wieder) Es ist ok, Angst zu haben, nicht weiter zu wissen und nach Hilfe zu fragen. Zweitwichtigstes Learning: Ich muss nicht funktionieren wie zuvor! Ich habe gelernt, meine Prioritäten anders zu setzen, mich in den Fokus zu nehmen – mit dem was momentan möglich ist – und davon abzukommen von dem „was man machen muss/sollte“. Fragen, die Du dir stellen kannst:
    1. Was brauche ich gerade?
    2. Was sind meine inneren Überzeugungen?
    3. Was passiert (im schlimmsten Fall), wenn ich den Anforderungen von außen nicht nachkomme und mich für MICH entscheide?
  2. Der positive Blick: Ich lenke meinen Blick bewusst auf die Dinge, die mir möglich sind. Darauf richte ich meinen Fokus und Negatives verliert an Kraft. Nicht selten eröffnen sich neue  Möglichkeiten, wenn was Altbekanntes wegfällt. Für mich zum Beispiel, diesen Artikel für Dich zu schreiben. 🙂 Das bedeutet nicht, dass Du alles was dich traurig macht, ignorieren sollst. Wenn eine Sache nicht mehr oder temporär nicht geht, dann ist das schei*e! Betrauere das. Alle Gefühle haben ihre Berechtigung und dürfen ausgelebt werden. No rain, no flowers.
  3. Pausen machen: Ich räume mir bewusste Pausen ein. Sie haben von mir den selben Stellenwert bekommen, wie den Haushalt zu schmeißen, das Kind irgendwo hinzufahren oder mich um Bewegung zu kümmern. Dafür habe ich mir meinen geliebten Ohrensessel als Pausenort auserkoren. Zuvor koche ich mir einen leckeren Tee, setze mir meine Lieblingsmusik auf die Ohren und in der kalten Jahreszeit dürfen Wärmflasche und Kuscheldecke nicht fehlen.
  4. Entspannung, Bewegung und Ausgleich: Auch wenn wir das alle schon 1000x gehört haben und möglicherweise total entnervt davon sind… Eine eigene Entspannungspraxis zu finden ist ein wichtiger Schlüssel! Ob es progressive Muskelentspannung nach Jakobsen, eine Yogasession, Atemübungen oder klassische Meditation ist, spielt dabei kaum eine Rolle. Wichtig ist, dass Du dich damit wohl fühlst und gerne dran bleibst. Eine tägliche moderate Bewegung gehört für mich ebenfalls zur Routine dazu. Kennst Du Gehmeditationen? Falls sitzen und entspannen nicht so dein Fall ist, könnte das vielleicht etwas für Dich sein. Hinter deine tägliche Bewegung an der frischen Luft kannst Du damit ganz nebenbei auch einen Haken machen. 😉

Du brauchts Unterstützung?

Solltest Du das Gefühl haben, alleine gerade nicht zurecht zu kommen und einen Ansprechpartner zu brauchen, dann scheue Dich nicht danach zu Fragen. Als ich in dieser Situation war, habe ich:

Meinen Weg zu finden, das hat wahrlich etwas gedauert – und manchen Umweg hätte ich mir dabei wirklich gerne gespart. Dennoch habe ich es geschafft, Routinen und Wege für mich zu finden, mit denen ich mir immer wieder selbst helfen kann wenn es mal wieder turbulenter wird.

Genau das wünsche ich Dir auch und bin mir sicher, dass Du das schaffen wirst.