„Eine Weltreise mit Multiple Sklerose? Das geht auf keinen Fall!“
Das waren zumindest meine Gedanken, bei der Vorstellung länger als 3 Wochen unterwegs zu sein.
Aber weißt du was? Es geht. Alles, was du dazu brauchst, ist Mut, eine gute Planung und Vertrauen.
Ziemlich zeitgleich mit meiner Diagnose begann meine Lust zum Reisen. Ein Timing, das nicht ganz perfekt zu sein scheint. Aber ich kann dir sagen, dass es letztendlich das Beste war, was ich zu dieser Zeit hätte machen können.
Meine Diagnose wurde 2016 kurz vor unserem 3-wöchigen Roadtrip durch die USA gestellt und eine der ersten Fragen an den behandelnden Arzt war: „Kann ich denn in 2 Wochen fliegen?“. Ich hatte mich wahnsinnig auf diese Reise gefreut, wir haben so lange an der Planung gesessen und es sollte meine erste große Reise werden. Auch wenn ich oder wir noch in einer totalen Schockstarre waren und irgendwie nicht so richtig klar wird, wie alles weitergehen soll, wollten wir diese Reise unbedingt antreten. Die Stoßtherapie schlug gut an und mein Arzt gab mir grünes Licht. Wir konnten los, damals ohne Medikamente, einfachheitshalber.
Aus dieser einen Reise entstand mein großes Hobby. Von meinem Mann war das Reisen schon längere Zeit eine Leidenschaft und so fragte er mich kurze Zeit später, ob ich mit ihm auf Weltreise gehen möchte. „Na klar“ antwortete ich, ohne groß zu überlegen. Gleichzeitig kamen jedoch Stimmen in meinen Kopf, die davon überzeugt waren, dass eine Weltreise utopisch, teuer und mit einer chronischen Erkrankung schon mal erst recht nicht möglich ist.
„Stopp!“ Wer sagt eigentlich, dass man mit einer chronischen Erkrankung nicht mehr reisen kann? Vielleicht manche Ärzte, manche Leute aus deinem Umfeld oder sonst wer, aber letztendlich entscheidest DU. Und genau das haben wir getan – zwei Mal.
Die erste Weltreise dauerte knapp 3 Monate und ich muss sagen, dass ich von der MS wirklich nicht viel gespürt habe. Wäre mein Rucksack nicht voller Medikamente gewesen und hätte ich diese nicht jeden Tag einnehmen müssen, hätte ich vergessen, krank zu sein. Das mag jetzt auf den ersten Blick vielleicht blöd klingen, aber ich habe dieses Gefühl so sehr genossen. Dieses Gefühl von Gesundheit, Freiheit und Lebenslust. Ich fühlte mich rundum gut und wir saugten die Eindrücke aus all den Ländern (darunter Thailand, Myanmar, Vietnam und Borneo) buchstäblich auf.
Die C-Pandemie sorgte dafür, dass unsere Reise etwas ins Schwanken kam und wir unseren Traum vorzeitig beenden mussten. Dennoch wussten wir, dass wir irgendwann wieder losziehen und uns weitere Teile der Welt anschauen werden.
2022 entschieden wir uns für eine Weltreise 2.0. Diesmal war es nur etwas anders. Es waren ein paar neue Faktoren hinzugekommen. Die MS hatte sich verändert, ich hatte mich verändert, ich hatte eine neue Neurologin – dadurch strengere Auflagen bzgl. des Langzeitreisens – und C*** setzte noch einen on top. Und so hieß es bangen bis zur letzten Minute.
Pünktlich zum Abflug war mein Blutbild im grünen Bereich und ich war mehr oder weniger wieder auf den Beinen. Los ging es, wir starteten in dem Land, wo unsere Reise beendet wurde – Malaysia. Mit dabei die neuen Medikamente und die Anordnung regelmäßiger Blutkontrollen und ein zusätzlicher Zwischenstopp in Deutschland für die Routineuntersuchungen.
Neue Aufgaben, die mich am Anfang ehrlich gesagt etwas verunsicherten. Was ist, wenn meine Blutwerte nicht stabil sind, was ist, wenn sich die MS verschlechtert, wie sollen die Blutlabore im Ausland überhaupt funktionieren… Fragen, die sich glücklicherweise schnell als unnötig herausstellten. Es gab eigentlich überall Labore, selbst dort wo man es nicht erwartet hatte. Und wenn es mal komplizierter erschien, standen uns die Einheimischen mit Rat und Tat zur Seite. Und so haben wir alle notwendigen Werte in die jeweilige Landessprache übersetzen lassen und sind regelmäßig zu den Laboren getappt. Die Ergebnisse kamen per Mail und so konnte meine Ärztin meine Blutwerte sehr gut „überwachen“. Es war einfacher, hygienischer und moderner als manchmal erwartet.
Etwas (körperlich) schwächer als bei der ersten Reise ging es nun endlich los. Wir bereisten Malaysia, Sumatra, Bali, Lombok, Thailand, Japan, Südkorea, Sri Lanka, Jordanien, Mexiko, Costa Rica und Spanien. Wir durchquerten den ein oder anderen Dschungel, bestaunten die Unterwasserwelten, die vielen Tiere, die wir sehen durften und tauchten immer mehr in das Leben ein.
Auch, wenn mein Körper dieses Mal länger brauchte, um mit der Hitze zurechtzukommen und teilweise auch an manchen Tagen nicht in allzu guter Verfassung war, würde ich es jederzeit wieder tun. Für jede einzelne Erfahrung bin ich dankbar.
Eine weitere wichtige Erfahrung und das großartige ist bei so einer Langzeitreise – man kann die Geschwindigkeit, die Länderauswahl ganz frei gestalten und die Art und Weise des Reisens an die gesundheitliche und körperliche Verfassung anpassen.
Eine Weltreise ist und bleibt individuell. Du entscheidest, mit welchem Komfort du reisen möchtest. Du entscheidest über dein Budget und die Dauer. Du entscheidest über deine Ziele – alles ist möglich, nur vielleicht auf eine andere Art und Weise und mit ein bisschen mehr Planung.
Wenn es dein Traum ist, die Welt zu sehen und zu entdecken, halte daran fest. Ich werde es definitiv weiterhin tun. Reisen ist für mich eines der besten Medikamente. Natürlich ist eine Weltreise von der Planung her ein kleines bisschen anders als ein Urlaub von 2 bis 3 Wochen.
Eine Weltreise macht sich nicht von selbst und es ist als chronisch kranke Person mit etwas längerer Vorlaufzeit zu planen.
Als erstes solltest du das Thema mit deiner Neurologin/deinem Neurologen besprechen, wie sie bzw. er deine Situation rund um die MS einschätzt und dich unterstützen kann.
Auch wenn so gut wie keine Auslandskrankenversicherung bei chronischen Erkrankungen greift, würde ich es dennoch empfehlen, damit bei einer akuten Erkrankung (z.B. Grippe, Magen-Darm-Beschwerden) eine Behandlung abgedeckt ist.
Zusätzlich ist es wichtig, sich im Vorfeld über die Lagerung, den Transport und die Zollvorschriften deiner Medikamente zu informieren. Ich hatte immer eine ärztliche Bescheinigung, in mehreren Sprachen, für den Zoll – plus einen Medikamentenpass – dabei. Auch wenn es niemanden interessiert hat, war ich abgesichert.
Je nachdem in welches Land du reist, kann es sein, dass du zusätzlich zum Visum noch ein extra Medikamenten-Visum brauchst. So war es bei mir für Japan. Es hat zwar auch vor Ort niemanden interessiert, aber wer weiß, vielleicht wird es doch irgendwann mal kontrolliert.
Bei der Länderauswahl macht es Sinn sich vorher über das jeweilige Klima zu informieren. Wenn du generell Probleme mit der Hitze (bzw. dem Uhthoff-Phänomen hast), könntest du dich langsam herantasten und schauen, wie du die unterschiedlichen Klimazonen verträgst. Zusätzliche Hilfsmittel, wie z.B. Kühlhandtücher, Kühlwesten oder kühlendes Gel können dich unterstützen.
Bezüglich der Reiseschutzimpfungen solltest du dich ebenfalls frühzeitig informieren und beraten lassen.
Empfehlen würde ich dir auch immer eine gute Reiseapotheke mit Medikamenten, z.B. gegen Durchfall/ Magen-Darm/ Übelkeit und einen guten Mückenschutz.