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Entweder bekommen wir gesagt, wir müssen mehr Sport treiben oder wir sollen es aufgrund unserer Erkrankung – Multiple Sklerose – dann doch nicht übertreiben. Immer aus dem Antrieb, körperlich fit zu sein. Vielleicht kam dir beim Lesen des Titels auch direkt schon der Gedanke: „Nicht noch ein Artikel, der mir sagt, was ich alles tun soll, um sportlicher, fitter und gesünder zu werden“.

Lass mich dir direkt deine Enttäuschung nehmen: Hier geht es um weitaus mehr als einen fitten Körper. Was das ist, und wie du Sport und MS mit einem anderen Auge sehen kannst, durchlebst du in fünf Minuten während des Lesens.

Sport, Diagnose MS und 1000 Fragen

Bevor wir so richtig loslegen, muss ich gestehen, dass Sport, insbesondere der Kraftsport, schon weit vor meiner Diagnose, im Jahr 2016, ein enorm wichtiger Bestandteil in meinem Leben war. Ich liebe den Kraftsport, doch dann kam die Diagnose: Multiple Sklerose (MS).

Ein Schlag, der nicht nur meinen Körper, sondern auch mein Vertrauen in ihn komplett gebrochen hat. Wie vielen Neudiagnostizierten schossen auch mir direkt 1000 Fragen durch den Kopf – besonders, wie es nun weitergehen soll. Taubheitsgefühle in den Beinen und Sensibilitätsstörungen verunsicherten mich nicht zu Unrecht, aber auch die Frage: Kann ich jemals wieder oder überhaupt meinen Kraftsport weitermachen?“. Die Antwort, die ich darauf fand, kam nicht sofort, aber sie kam.

Weil Sport mehr ist als „nur“ aktiv zu sein.

Die größte Herausforderung, die ich nach der Diagnose hatte, war, mein Vertrauen in meinen eigenen Körper wiederzufinden. Aber auch die Sehnsucht nach einem Gefühl von Kontrolle und Mitbestimmung wurde mit jedem Tag, Monat und Jahr stärker. Und dann kam es mir … meine Antwort ist Sport!

Insbesondere Kraftsport hat mir schon immer das Gefühl gegeben, dass ich etwas tun kann. Hier habe ICH die Kontrolle! Hier kann ICH selbst bestimmen! Hier fühle ICH mich sicher (in meinem Körper)!

Es geht nicht darum, dass du jeden Tag eine perfekte Leistung bringst, sondern am Ball bleibst.

Louisa, Gesprächspartnerin bei aMStart

Sport hilft nicht nur Muskeln zu stärken, sondern auch mentale Stärke aufzubauen. Jeden Tag, an dem ich im Fitnessstudio bin, fühlt es sich wie ein Sieg an. Sport zeigt mir, dass ich nicht meine Krankheit bin. Die MS ist (und bleibt) ein Teil von mir, aber sie ist eben auch nicht das Einzige, was mich ausmacht. Mit jeder wiedergefundenen (Sport-)Routine habe ich nach der Diagnose Stück für Stück Selbstvertrauen zurückerobert. Genau deshalb gebe ich dir mit auf den Weg: Sport ist mehr als „nur“ aktiv zu sein.

Sport ohne Druck, aber mit Selbstvertrauen

Es ist unbestreitbar, dass Sport positive gesundheitliche Vorteile für an MS erkrankte Menschen birgt. Besonders weil er dazu beitragen kann, MS-Symptome zu verbessern und somit auch Einfluss auf die Behinderung und die Lebensqualität einnimmt. In Bewegung zu sein und es zu bleiben, ist einfach das Gesündeste für unseren Körper. 

Ich möchte aber keinen Druck und Stress in dir auslösen, von heute auf morgen, jeden Tag ins Fitnessstudio zu gehen, Yoga zu machen, joggen zu gehen oder 50-Bahnen zu schwimmen. Viel mehr möchte ich dir ans Herz legen, einen Weg zur Bewegung und zum Sport zu finden, der in erster Linie dich antreibt, weil du dir etwas Gutes tun möchtest und dabei „nebenbei“ deine Fitness förderst. Es geht nicht darum, dass du jeden Tag eine perfekte Leistung bringst, sondern am Ball bleibst.

Wie fange ich mit Sport an, wie steige ich wieder ein oder wie mache ich weiter?

Was mir geholfen hat – Meine Top 3 Tipps für Sport mit MS:

  1. Kleine Ziele setzen:
    Am Anfang war ich verunsichert, was ich überhaupt (noch) machen konnte. Statt sofort wieder alles zu geben, habe ich mit kleinen, realistischen Zielen angefangen. Fünf Minuten lockeres Radfahren statt einer Stunde, ein paar Übungen für die Stabilität statt eines kompletten Krafttrainings. So lerne ich mit jedem Training meinen Körper kennen und schaffe Vertrauen.
  2. Konsistenz statt Perfektion:
    Es ist nicht immer der große Schritt, der einen weiterbringt, sondern die kleinen regelmäßigen Schritte. Anstatt mich selbst zu zwingen, jeden Tag zu trainieren, habe ich mich darauf konzentriert, regelmäßig aktiv zu bleiben – auch wenn das manchmal nur ein kurzer Spaziergang oder ein kurzes Home-Workout war.
  3. Höre auf deinen Körper:
    Es gab Tage, an denen mein Körper mir deutlich sagte: „Heute ist nicht der Tag.“ An diesen Tagen habe ich mir erlaubt, ruhiger zu sein und auf meinen Körper zu hören. An anderen Tagen, wenn es mir besser geht, reize ich aber auch meine Grenzen im Sport bewusst aus. Den eigenen Körper zu respektieren und zugleich auch zu fordern, ist eine Balance, die mich über die Jahre antreibt.

Stolz auf alle Fortschritte – egal wie klein oder groß

Die Diagnose MS ist ein Wendepunkt im Leben – das habe ich am eigenen Leib erfahren. Aber sie ist nicht das Ende. Sport hat mir geholfen, nicht nur meinen Körper, sondern auch mein Selbstvertrauen nach der Diagnose zurückzugewinnen. Und ich bin mir sicher, auch du wirst deinen eigenen Weg finden. Vielleicht ist es der Sport, vielleicht ist es etwas anderes. Aber vielleicht siehst du jetzt am Ende auch, dass die Kraft des Sports nicht nur darin liegt, unseren Körper fit zu halten, sondern eben auch wieder zu uns selbst zu finden.

Du bist nicht allein.