Diagnose MS - und wie ich glücklich mit ihr lebe!

Veröffentlicht
Nov 13, 2023
Die Frage ist nicht so schnell und auch nicht in wenigen Worten zu beantworten. Die Diagnose Multiple Sklerose (MS) ist etwas, was ich nicht mit glücklich sein per se in Verbindung bringe. Aber ich habe gelernt, nach 11 Jahren MS-Diagnose, dass es ein glückliches Leben mit MS geben kann.
Sicherlich ist es besonders zu Beginn nicht einfach und du wirst dir wahrscheinlich öfter die Frage stellen: „Geht das denn jetzt alles noch so wie vorher?“ Ich habe zu Anfang all das nicht sehen wollen, was noch geht. Aber jetzt kann ich dir sagen: Ja, es geht! Manches anders als „vorher“ - aber es geht!
Jede der Multiple Sklerose Diagnosen ist individuell und wir sprechen nicht umsonst von der Krankheit mit den 1000 Gesichtern. Hier teile ich nun mein Gesicht - und meine Geschichte mit euch.

Ich lebe glücklich mit MS …

  • Mit gutem Essen: Ich habe das erste Jahr nach meiner Diagnose nach einer sehr strengen Diät gelebt. Jetzt versuche ich bestimmte Lebensmittel regelmäßig im Speiseplan zu berücksichtigen und die „ungesunden“ Lebensmittel nicht zu häufig zu konsumieren - aber Pizza, Pommes und Chips dürfen trotzdem mal sein.
  • Mit Sport: ob mit Yoga, dem Besuch im Fitnessstudio, spazieren gehen oder Fahrrad fahren: ich versuche Muskelaufbau und Ausdauertraining zu variieren. Auch hier habe ich mich erkundigt, welche Sportarten „gut“ für mich sind und welche eher nicht. Und außerdem: Sport tut meiner Seele gut. Nach einem anstrengenden Dienst macht Sport den Kopf frei. Außerdem weiß ich, dass regelmäßiger Sport meine Symptome lindert.
  • Indem ich die Diagnose annehme: Die Diagnose ist chronisch und bleibt für immer. Ich habe zu Beginn meiner Diagnose alles verdrängt und bin in ein tiefes Loch gefallen. Seitdem ich zulasse, dass sie zu meinem Leben dazu gehört und ich offen damit umgehe, geht es mir sehr viel besser.
  • Indem ich Hilfe annehme und um Hilfe bitte: Das ist eine Sache, die nicht gerade zu den Dingen gehört, die mich beschreiben. Aber manchmal geht es nicht allein und dann ist es vollkommen in Ordnung, um Hilfe zu bitten. Die Menschen, die um dich herum sind, werden es gerne für dich tun!
  • Indem ich Angst, Trauer und Sorgen zulassen darf: Die (große) Ungewissheit gehört leider zur Diagnose dazu. Wir können zwar ein bisschen beeinflussen wie es uns mit unserer MS geht, aber ob der Plan auch genauso aufgeht, können wir nicht 100% beeinflussen. Und deshalb ist es ok und vollkommen normal, wenn Angst und Sorgen uns gelegentlich begleiten. Auch hier habe ich die Erfahrung gemacht, dass wenn man die richtigen Menschen an seiner Seite hat, alles einfacher ist. Und natürlich können wir trotzdem Pläne machen und uns eine Zukunft ausmalen.
  • Mit regelmäßigen Pausen: Es ist okay sich einen ruhigen Abend zu gönnen. An einem freien Tag nichts vorzuhaben & vielleicht auf dem Sofa zu sitzen mit einem guten Buch, einem Film oder etwas zum Stricken (wie in meinem Fall). Sich was zu essen zu bestellen und einfach kurz das Leben genießen. Bei Symptomen wie Fatigue ist es auch leider nicht immer anders möglich. Und das ist okay so!
  • Mit Menschen, die mir guttun: Meine Reise mit der MS hat mir leider gezeigt, dass nicht alle Menschen damit umgehen können, dass wir krank sind. Und auch, dass wir unseren eigenen Weg finden und vielleicht dabei auch selbst unsicher sind. Ich habe für mich entschieden, dass ich niemanden mehr in meinem Leben brauchen kann, der*die mir nicht guttut. Und ich sag’s euch - diese Erkenntnis hat mir sehr geholfen. Das Schöne ist, wenn du tolle Menschen um dich herum hast, werden sie dich unterstützen und dir vielleicht auch mal sagen, dass es vollkommen okay ist jetzt eine Pause zu machen - oder sie erinnern dich sogar daran, eine zu machen!
  • Mit einem Hobby, welches mich entspannen und runterfahren lässt: Ich brauchte etwas, was ich in der Zeit tun kann, wenn ich mir selbst eine Pause gegeben habe. Immer dann, wenn ich Zeit für mich brauchte, wenn ich runterkommen musste oder nicht einfach nur „rumliegen“ wollte. Für mich persönlich ist es seit vielen Jahren das Stricken und Häkeln, aber auch Lesen oder ein gutes Hörbuch bringt mich runter.
  • Weil ich nicht zulasse, dass die MS einen zu großen Teil in meinem Leben einnimmt: Wir alle sind chronisch krank und daran wird sich so schnell auch nichts ändern. Aber diese Tatsache muss nicht jeden Tag deines Lebens bestimmen. Du kannst trotzdem feiern, in den Urlaub fahren und all das tun, was du vorher getan hast. Manches bedarf vielleicht einer genaueren Planung oder man muss sich z.B. erkundigen "wie geht fliegen mit den Medis“, „wo kann ich notfalls zu einem Arzt im Ausland“, „was mache ich, wenn es mir unterwegs schlechter geht?“ Meine Erfahrung zeigt; JA - die Krankheit gehört zu uns dazu, aber NEIN - sie bestimmt nicht immer mein Leben und meinen Alltag.

Bewusster Leben dank Diagnose

Insgesamt lebe ich seit meiner Diagnose sehr viel bewusster. Ich lasse mich von meinem Körper leiten und höre gut zu, wenn er mir was sagen will. Natürlich funktioniert das nicht immer so wie ich mir das vorstelle. Aber irgendwie bin ich der MS auch dankbar, denn ohne sie würde ich mein Leben nicht so leben wie ich es jetzt tue. Sie hilft mir in gewisser Weise, mich regelmäßig darauf zu besinnen, was ich brauche und vor allem; was nicht!
Und ja, na klar - auch ich muss mich manchmal zum Sport zwingen und würde lieber faul auf dem Sofa liegen bleiben. Gleichzeitig weiß ich aber, dass es mir guttut und mein Körper es mir danken wird. Erst während ich mich auf diesen Blogeintrag vorbereitet habe, habe ich bewusst festgestellt, was ich mir in all den Jahren erarbeitet habe und ich darauf stolz sein kann. Und das trifft die Sache auf den Punkt: Es ist Arbeit! Was mit Anfang 20 gut funktioniert hat, muss mir 11 Jahre später nicht genauso gut helfen. Wichtig ist nur, es für sich immer wieder neu herauszufinden.
In diesem Prozess kann dir niemand vorschreiben, was für dich und dein Leben mit MS richtig ist und dir guttun sollte. Trau dich also, dich auszuprobieren! Vielleicht helfen dir dabei ganz andere Dinge, als die, die ich beschrieben habe. Falls das so ist: ist ja irgendwie logisch bei einer Krankheit mit 1000 Gesichtern, oder?
 
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von Valerie Storp