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Julia Bierenfeld

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„Ich habe MS!“: Chancen & Risiken beim offenen Umgang mit der MS am Arbeitsplatz

Arbeit und MS

Berufsleben

Zuletzt aktualisiert: 04.06.2024

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Die Entscheidung, die Diagnose MS mit dem Arbeitgeber zu teilen, ist eine persönliche Reise, die sorgfältig bedacht werden sollte. Du musst nicht zwischen den Extremen wählen, entweder jedem auf der Arbeit alles über deine gesundheitliche Beeinträchtigung zu erzählen oder dich komplett in Schweigen zu hüllen. Zwischen diesen beiden Optionen erstrecken sich zahlreiche Zwischenstufen, und du hast die Freiheit, deinen eigenen Weg zu wählen.

Inhaltsverzeichnis

Das Offenlegen einer gesundheitlichen Herausforderung ist oft kein einzelner großer Moment, sondern ein schrittweiser Prozess. Vielleicht öffnest du dich zuerst einer Person und entscheidest später, es weiteren Menschen zu erzählen.

Soll ich meine MS Erkrankung meinem Arbeitgeber mitteilen?

Vielleicht möchtest du zunächst nur mit deinen Vorgesetzten sprechen oder dich an eine Vertrauensperson im Kollegenkreis wenden. Du bestimmst, wie viel von deiner Geschichte du preisgibst. Willst du über bestimmte Auswirkungen oder Symptome deiner Beeinträchtigung sprechen, oder möchtest du nur die Diagnose teilen?

Auf der Suche nach dem besten Weg für dich selbst kommt es darauf an, was du mit dieser Entscheidung erreichen möchtest.

Mögliche positive Auswirkungen der Offenlegung der MS beim Arbeitgeber

  1. Arbeitsplatzanpassungen:
    So unterschiedlich sich die MS bei den betroffenen zeigt, so verschieden können die Anforderungen an den Arbeitsplatz sein. Kleine Anpassungen können deinen Arbeitsalltag verbessern. Es könnten kleine Veränderungen am Schreibtisch, im Ablauf oder bei den Arbeitszeiten sein. Und wenn du eine Schwerbehinderung anerkennen lässt, stehen dir möglicherweise zusätzliche Urlaubstage und spezieller Kündigungsschutz zur Verfügung. Diese Anpassungen setzen leider meist eine Offenlegung von Teilen deiner gesundheitlichen Beeinträchtigung voraus.
  2. Selbstfürsorge:
    Die Offenheit über deine gesundheitliche Situation ermöglicht es, Rücksicht auf deine persönlichen Bedürfnisse zu nehmen. Ob es um die regelmäßige Einnahme von Medikamenten oder die Möglichkeit von zusätzlichen Pausen geht, kann dies mit den Vorgesetzten und Kolleg:innen vereinbart werden. Auch wenn sich Symptome verstärken und es dir nicht gut geht, können deine Kolleg*innen besser darauf reagieren und sich leichter darauf einstellen, wenn sie über deine Beeinträchtigungen Bescheid wissen.
  3. Authentizität:
    Die Entscheidung, deine Herausforderungen nicht zu verbergen, ermöglicht es dir, authentisch zu sein. Schluss mit dem ständigen Verstecken, den Ausreden und der Anspannung – das raubt unnötige Energie und verursacht Stress. Du musst nicht mehr ständig aufpassen, dass du etwas Falsches sagst oder dir keine Ausreden einfallen wollen. Du kannst du selbst sein, ohne Kompromisse und musst dich nicht verstecken. Das ist nicht nur befreiend, sondern kann auch zu mehr Leistungsfähigkeit und Zufriedenheit auf der Arbeit führen.
  4. Soziale Unterstützung:
    Die Offenheit kann zu mehr Verständnis und Unterstützung durch Kolleg*innen und Vorgesetzten führen. Vielleicht haben sie sogar bereits bemerkt, das etwas nicht stimmt und sie haben sich dadurch von dir distanziert oder gehen anders mit dir um. Darüber zu sprechen und Verständnis und Unterstützung zu erhalten, kann den Zusammenhalt fördern. Vielleicht kannst du sogar von eigene Erfahrungen profitieren.
  5. Veränderung bewirken:
    Du könntest mehr bewirken, als du denkst. Die Offenheit über deine MS Erkrankung mit deinem Arbeitgeber zu sprechen, kann dazu beitragen, das Tabuthema rund um das Arbeiten mit chronischen Erkrankungen zu brechen. Vielleicht fühlen sich andere dadurch motiviert mit ihrer eignen Geschichte offen umzugehen, was dabei hilft eine Veränderung in der Arbeitskultur voranzutreiben. Was auch die Frage nach der Offenlegung der Erkrankung in Zukunft einfacher mit “Ja” zu beantworten macht.

Mögliche negative Reaktionen von Kolleg*innen und Arbeitgeber

  1. Diskriminierung:
    Ja, die Angst vor Diskriminierung ist verständlich Trotz rechtlicher Schutzmaßnahmen, besteht die Möglichkeit von Vorurteilen und Unverständnis deiner Situation gegenüber. Bereite dich darauf vor und entwickle Strategien für einen guten Umgang mit dieser Konfrontation.
  2. Ungünstige Reaktionen:
    Manche Menschen könnten anders reagieren, als du es erhoffst. Das ist okay. Distanzierung, Unverständnis aber auch mangelndes Vertrauen können sich zeigen. Meist ist fehlendes Wissen über die Erkrankung der Auslöser für diese Reaktionen. Ein Informationsaustausch kann dazu beitragen, Barrieren abzubauen und Verständnis zu schaffen.
  3. Arbeitsplatznachteile:
    Trotz gesetzlicher Vorgaben gibt es Fälle in denen Arbeitgeber Vorurteile gegenüber Menschen mit chronischen Erkrankungen haben. Es ist wichtig, die eigenen Rechte zu kennen und bei Diskriminierung rechtliche Schritte zu prüfen.

Wenn du dich entschieden hast, deine MS-Diagnose in deinem Arbeitsumfeld offen zu legen, stellt sich nun die Frage, wie du dieses Gespräch am besten angehen kannst. Auch hierfür haben wir ein paar Tipps für dich zusammengestellt, damit du gut vorbereitet in dieses wichtige Gespräch gehen kannst.

MS-Diagnose: Den Arbeitgeber informieren – Ein Leitfaden für ein erfolgreiches Gespräch

Die Entscheidung, die eigene gesundheitliche Beeinträchtigung, insbesondere im Fall einer MS-Diagnose, dem Arbeitgeber mitzuteilen, erfordert Fingerspitzengefühl und eine gründliche Vorbereitung. Ein persönliches Gespräch bietet dabei die beste Möglichkeit, Verständnis zu schaffen und Unterstützung zu erhalten.

  1. Die Gründe für das Gespräch klären
    Überlege, warum du das Gespräch führen möchtest. Hat sich dein Gesundheitszustand verändert, oder möchtest du Anpassungen am Arbeitsplatz vornehmen? Setze dir ein klares Ziel für das Gespräch, sei es eine Arbeitsanpassung oder das authentische Zeigen deiner Situation.
  2. Die richtige Person auswählen
    Entscheide, wem du von deiner Diagnose erzählen möchtest. Überlege, ob deine Vorgesetzten oder Kolleg*innen die richtigen Ansprechpartner*innen sind. Manchmal ist es effektiver, mit mehreren Personen separat zu sprechen.
  3. Unterstützung in Betracht ziehen
    Überlege, ob du jemanden zum Gespräch mitnehmen möchten. Das können unabhängige Personen sein, wie die Schwerbehindertenvertretung, der betriebsärztliche Dienst oder Kolleg*innen. Diese können dir während des Gesprächs unterstützend zur Seite stehen.
  4. Zeitpunkt und Ort wählen
    Wähle einen geeigneten Zeitpunkt für das Gespräch, an dem sowohl Du als auch die andere Person ausreichend Zeit haben. Achte darauf, dass der Ort für dich angenehm ist und die nötige Privatsphäre bietet.
  5. Die Botschaft klar formulieren
    Überlege dir, was genau du sagen möchtest. Teile relevante Informationen über deine gesundheitliche Situation mit, insbesondere wenn dies Auswirkungen auf deine Arbeit hat. Kläre, wie deine Gesprächspartnerin dich unterstützen kann, und äußere eventuelle Bedenken.
  6. Verständnis für mögliche Reaktionen entwickeln
    Antizipiere Fragen und Gefühle, die bei deinem/deiner Gesprächspartner*in auftauchen könnten. Überlege, wie du falsche Vorstellungen über dein Beeinträchtigung entkräften kannst und sei bereit, auf Fragen zur Arbeitsfähigkeit und andere relevante Themen einzugehen.
  7. Sich selbst informieren
    Vor dem Gespräch solltest du dich über Beratungs- und Unterstützungsangebote informieren. Kenntnis über deine Rechte, Pflichten und mögliche Förderleistungen kann dir dabei helfen, selbstbewusst in das Gespräch zu gehen.

Das Gespräch mit dem Arbeitgeber über die MS erfordert eine sorgfältige Planung und Überlegung. Indem du dich gut vorbereitest, kannst du selbstbewusst und optimistisch in das Gespräch gehen und auf Verständnis und Unterstützung hoffen. Denke daran, dass es wichtig ist, die Informationen so klar wie möglich zu kommunizieren und mögliche Fragen oder Bedenken proaktiv anzugehen. Sich selbst zu informieren und gegebenenfalls Unterstützung von unabhängigen Stellen in Anspruch zu nehmen, stärkt deine Position und trägt dazu bei, dass das Gespräch positiv verläuft.

Quellen

  1. Universität zu Köln, Lehrstuhl für Arbeit und berufliche Rehabilitation, https://sag-ichs.de/gut-zu-wissen/sag-ichs-oder-sag-ichs-nicht

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Julia Bierenfeld

Als Bloggerin bei aMStart dabei. Zuvor hatte sie selbst einen MS-Blog, der ihr den Weg in die Selbstständigkeit ebnete. Mit hilfreichen Informationen und Tipps möchte sie jungen Menschen Mut machen, ihr Leben selbstbestimmt zu gestalten. aMStart hätte Julia sich sehnlichst bei ihrer eigenen MS-Diagnose gewünscht!

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